Der Jungfrau-Marathon – die schönste Marathonstrecke der Welt
dieses kann für 2017 leider nicht gelten, denn, was man nicht sieht, kann man auch nicht schön finden.
Die Reise am Donnerstag zum Startort nach Interlaken führte vorbei an Bern-Wankdorf und dem am Thuner See gelegenen Spiez. Die älteren Leser mögen sich erinnern. Es sollte ein Omen sein, ich sage nur: Fritz-Walter-Wetter!
Der Freitag zeigte sich dann von seiner schönsten Seite. Frühstück mit Blick auf das Dreigestirn Eiger–Mönch-Jungfrau. Keine Wolken am Himmel ließen erahnen, was dort auf die Starter wartete. Ein unglaubliches Naturspektakel und die Hoffnung auf ein einmaliges Lauferlebnis. Diesem entgegen sprachen nur die unterschiedlichsten Wetterapps, welche für den Renntag Regen ankündigten.
Dieser sollte gegen Mittag einsetzen. Mehrere Einheimische sprachen auch schon von Schnee.
Die Abholung der Startunterlagen konnte ohne Wartezeit erfolgen. Es bestand die Möglichkeit noch letzte Einkäufe zu tätigen, sich Armbänder mit seiner Zielzeit und den dazugehörigen Zwischenzeiten ausdrucken zu lassen, ein kostenloses Erinnerungsfoto machen zu lassen – inklusive Ausdruck und Zusendung per Email.
Das angebotene Pastagericht ließ auch keine Wünsche übrig.
Der Nachmittag endete mit einem Ausflug auf den Harder Kulm, den Hausberg von Interlaken. Mit einer Zahnradbahn wurden die 800 m in 10 Minuten überwunden. Die Belohnung für das Vertrauen in die Technik war ein unglaublicher Ausblick in die Schweizer Alpen. Für alle denen dieses Vertrauen fehlt, gibt es auch einen Wanderweg hinauf. Die Aufstiegszeit ist mit 2:20 Stunden angegeben.
Zurück auf dem Campingplatz konnte ich feststellen, dass mehrere Läufer angereist waren. Vorrangig kamen sie aus den Niederlanden.Die Verständigung untereinander war sehr gut. Wiederholungstäter gaben Erfahrungstipps an die Erstbezwinger weiter. Das entscheidende Thema war nun die Kleidung für den kommenden Tag.
Der Morgen des Renntages begrüßte uns mit verhangener Wolkendecke. Noch ein Frühstück und ab auf die Fahrräder Richtung Start. Kleiderabgabeschluss 30 min. vor Start.
Die Temperaturen waren angenehm. So entschieden Marie-Luise und ich uns, für den vorhergesagten Regen eine Jacke umzubinden und eine Schirmmütze mitzunehmen. Unsere Handschuhe verstauten wir im Kleiderbeutel.
Im Startbereich herrschte Trubel. Kapellen und Alphornbläser waren zu hören. Die Streckenführung war geändert worden, um den Zuschauern in Interlaken einen längeren Blick auf die Läufer zu geben. Es geht jetzt auf einen 3 km Rundkurs durch die Stadt. Ebenso als Neuerung gab es zum ersten Mal einen Blockstart. Es starteten jeweils 1000 Läufer im Abstand von 5 Minuten. Pünktlich zum Start um 8:15 für die Spitzenläufer, in der Schweiz Elite genannt, kam der Regen.
8:45 erfolgte auch für Marie-Luise und mich der Startschuss.
Die ersten 10 Km waren ein Flachlauf. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit schwitze man sehr und der Nieselregen wurde ausgeblendet. Ab Wilderswil bei Km 11 kamen die ersten Anstiege. Es waren nun bis Lauterbrunn in zwei größeren Anstiegen circa 220 Höhenmeter zu bewältigen. Dies war als Hermannsläufer/in im Rahmen. Marie-Luise lief alle Anstiege locker hoch. Dann ging es durch Lauterbrunn, hier wurde noch eine 5 Km Schleife gedreht. Auch wenn das Wetter mittlerweile in Dauerregen umgeschlagen war und die Temperaturen fielen, konnte ich noch einen Blick auf die Wasserfälle erhaschen.
Nun sollte es in die Berge gehen. Die letzte Rot Kreuz Station nutzte ich, um mir die Startnummer auf meiner Jacke befestigen zu lassen. Im Klartext heißt das: um keine Kraft zu verschwenden, wurde mir von den freundlichen Helfern die Startnummer abgenommen, ich zog meine Jacke an und sie befestigten die Startnummer. Immerhin sollte sie auf den Photos und dem Zielvideo deutlich zu erkennen sein.
Auf das, was jetzt kam, waren weder Marie-Luise noch ich vorbereitet. Jochen sprach mal von der Wand. Jetzt wusste ich, was er meinte. Noch eben im halbwegs flachen Gelände, durchquert man eine gemauerte Fußgängerbrücke und WOW!, wenn man es nicht selbst gesehen hat, ist es nicht vorstellbar. Ich fühlte mich gut, sollte jetzt jedoch laut Zeitplan für die nächsten 4 Km eine Stunde brauchen. Unvorstellbar, aber wahr. Statt Kilometersteinen sind mit einmal alle 250 m ausgeschildert! Und so ging es nun bis Wengen.
In Wengen bei km 30 konnte ich noch mal laufen. Die Durchsage meines Namens: Martin aus Deutschland verlieh mir noch einmal Flügel. Gedanken an Aufgabe waren wieder verflogen. Mittlerweile war die gesamte Kleidung durchnässt und ich vermisste meine Handschuhe. Marie-Luise lag hier mittlerweile eine halbe Stunde vor mir. Handschuhe vermisste sie auch.
Zu den für mich letzten 8 Km bis zur Abzweigung Wixi kann ich nicht viel sagen. Sie bestanden aus Regen, Kälte und Nebel. Nur das es immer bergauf ging. Peter Schuchardt schrieb ich: „Hätte auch im Kreis laufen können“. Einzige Markierungspunkte für mich waren die auch hier im Abstand von 250 m stehenden Kilometersteine. Bei der Abzweigung angekommen lief ich dann auf eine Gruppe auf, und mir wurde mitgeteilt, das Rennen sei aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Ich gestehe: in dem Augenblick eine Erlösung. Eine Startgruppe früher, und ich wäre weitergewandert. Ich bekam eine Medaille umgehangen und einen Zettel, mit dem ich mir T-Shirt und Schokolade im Ziel abholen konnte.
Und nun Marie-Luise über den Weg Wixi bis ins Ziel:
Der Weg von Wixi(38,4 km) bis zum höchsten Punkt, der Loucherflue am Eigergletscher(40;8 km )ist in der Wandersprache als rot-weißer Erlebnisbergweg ausgeschildert. Direkt danach müsste Alpines Klettern kommen.
465m Höhenunterschied in nur 2,4 km war noch steiler und beschwerlicher als erwartet. Gefühlte doppelte Lämershagener Treppen, die glitschige Wiese vom Weihnachtscross in Borgholzhausen und immer wieder die letzten dreißig Meter vom Tönsberg. Zwei Jahre hatte ich diesen gigantischen Anblick vor meinem läuferischen Auge, der mich für die Strapazen entlohnen sollte.. Und nun: nichts. Kein Berg, kein Ausblick, keine Kuh, einfach nichts. Nur Regen und Nebel.
Frank Sinatra versuchte derweil mich in Dauerschleife mit “If you can make it there, you can make it eyerywhere“ aufzumuntern. Meinem MP3-Player war die Kälte ebenfalls nicht bekömmlich
Im Gänsemarsch trotteten die Läufer vor sich hin und verschwanden im Himmel. Beim Blick nach vorne/oben konnte ich so 20 Höhenmeter über mir sehen, wie dichter Nebel meine Mitläufer in sich aufsog.
Das war allerdings sehr speziell. Irgendwann tauchten zwei Dudelsackspieler am Wegesrand auf. Nun wusste ich, hier bin ich ganz oben, an der höchsten Stelle angelangt. 2205 Meter über NN. Kurz danach halfen vier Hände den Läufern einen steilen Felsen hinab. Von nun an ging es bergab. Das Ziel war zu hören, natürlich nicht zu sehen, und tauchte plötzlich im Nebel auf.
Geschafft und das Fazit: Im Ziel ist´s immer schön
Die Geschwister
Martin und Marie-Luise Thielemann
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